Seite an Seite oder Ellenbogen an Ellenbogen? Was für ein spannendes Thema! „Gemeinsam leiten“, „Führungspositionen zur gleichen Zeit“, „Management der Beziehung trotz unserer Positionen“ – oder wie du es nennen magst. Es geht darum, wie man erfolgreich Beziehung führen kann, auch wenn beide starke Leiter sind. Ursprünglich war die Anfrage, wie das in einer Ehe aussehen kann, aber ich möchte es gerne auch ausweiten auf enge Freundschaften zwischen Freundinnen. Die gleichen Prinzipien für Erfolg gelten nämlich in beiden Fällen.

Mein Mann Tim und ich haben uns schon recht früh kennengelernt. Ich war 16 Jahre alt und er drei Jahre älter. Als er mich ein Jahr später gefragt hat, ob ich mir eine Beziehung mit ihm vorstellen kann, war meine erste „Warnung“ an ihn, dass ich aber eine sehr sture Person bin. Das war, was mir immer von meinen Eltern gespiegelt wurde. Es war auch ein Teil der Wahrheit. Ich wusste schon immer sehr genau, was meine Meinung zu einer Sache ist, und habe diese auch sehr klar vertreten. Nicht immer in Weisheit, aber mit großer Überzeugung ;). Allerdings war ich eben auch eine Leiterin, die dies zu dem Zeitpunkt allerdings nicht realisierte, sondern sehr in Minderwertigkeit gefangen war.

Tim ist auch ein sehr überzeugter und manchmal sturer Mensch, aber wir sind darin sehr unterschiedlich. Man sagt ja: Gegensätze ziehen sich an. Das stimmt in unserem Fall unbedingt, aber ich muss auch nach 30 Jahren Ehe sagen; man verändert sich zum Glück und passt sich einander an. Sonst würde das mit den Gegensätzlichkeiten nicht funktionieren.

Schon sehr früh fingen wir an, nebeneinander und gemeinsam Leiterschaft in verschiedenen Bereichen der Gemeinde auszuüben. Wir haben die gleiche Liebe für Gemeinde und dafür, dass das Königreich Gottes sich ausbreiten soll. Auch in der Familie haben wir nebeneinander geleitet und das hat meistens sehr gut funktioniert, solange wir gut miteinander kommuniziert haben.

Schwierig wurde es erst, als die Kinder etwas größer waren und plötzlich die Möglichkeit entstand, dass wir in unterschiedlichen Bereichen Leiterschaft übernehmen. Das hatten wir noch nie wirklich gemacht und es wurde zu einer großen Herausforderung, das gemeinsam zu meistern. Wir haben nach und nach entdeckt, dass es Triggerpunkte in unserem Leben gab, die in dieser Situation besonders sichtbar wurden. Auf einmal gab es Diskussionen über Dinge, die wir dachten, schon längst überwunden zu haben. Vielleicht kennst du das auch. Entweder in deiner Ehe, oder in anderen engen Beziehungen.

Man sagt ja: „Konkurrenz belebt das Geschäft“. Das mag in manchen Zusammenhängen stimmen, aber in diesem Kontext ist es eher zerstörerisch. Doch wie kann in einer „heiligen“ Aufgabe wie Leitung in der Gemeinde Konkurrenz entstehen? Ist das überhaupt möglich?? Ja, es ist möglich, denn wir sind alle Menschen, die in irgendeiner Weise, oft unbewusst, Ballast mit uns herumtragen, der in manchen Situationen zum Stolperstein werden kann. Unsicherheit, Minderwertigkeit, Gefühle von Unzulänglichkeit, ein falsches Gottesbild, falsches Selbstbild – das sind alles Dinge, die besonders sichtbar werden in Drucksituationen. Und diese Situationen gibt es zuhauf, wenn man sich auf die Reise begibt, Seite an Seite zu leiten.

Es kann in der besten Beziehung entstehen, glaub mir! Wenn es bei dir und deinem Partner oder deiner Freundin passiert ist, ist das kein Indiz, dass diese Beziehung zum Scheitern verurteilt ist. Es ist etwas, womit man handeln kann und was man überwinden kann. Verzweifle also nicht und gib auf keinen Fall auf!

Ich habe ein paar Punkte, die ich für hilfreich halte. Diese Dinge haben wir als Ehepaar selbst erfolgreich angewandt und sie sind nicht nur in Leiterschaft in der Gemeinde anwendbar, sondern in jedem Kontext von Leiterschaft und Führungsposition.

1. Lerne, dass deine Aufgabe dich nicht definiert. Es ist so leicht, seine Identität in einer Aufgabe zu suchen. Meistens passiert das relativ unbewusst. Vor allem, wenn man das, was man tut, sehr gerne macht. Es ist vielleicht sogar etwas, wovon du schon lange geträumt hast und endlich darfst du es machen, oder endlich bekommst du die Position, die du schon lange ausfüllen wolltest. So schnell passiert es, dass wir uns über diese Aufgabe oder Position definieren. Das bringt uns aber aus dem Gleichgewicht und hat dann die Tendenz, die Grundlage einer Beziehung zu schwächen oder sogar zu zerstören, denn die andere Person ist plötzlich nicht mehr Teil davon und fühlt sich nicht mehr wichtig.

2. Lerne, dass die Ehe / die Beziehung dich nicht definiert. Was meine ich damit? Wenn du deine Identität in der Beziehung zu einer Person suchst, wirst du unweigerlich enttäuscht, denn Menschen sind nun mal nicht perfekt. Das ist für dich sicher nicht neu, aber wie oft definieren wir uns doch über eine Beziehung, besonders in einer Ehe. Wenn diese sich dann nicht so entwickelt, wie wir es uns ausgemalt haben, fängt unsere Welt an, erschüttert zu werden. Weder eine Ehe noch eine Freundschaft sollte eine gegenseitige Abhängigkeit als Grundlage haben. Das ist nicht gesund. Nur wenn unsere Ehe und unsere Freundschaften Freiraum füreinander zulässt, können beide gesund wachsen. Ich meine nicht, dass man kein Commitment zueinander hat. In einer Ehe versprechen wir, uns zu lieben und zusammen zu bleiben, bis der Tod uns scheidet. Das ist ein hohes Commitment, und das ist auch sehr wichtig. Und doch braucht jede Ehe, und auch übrigens jede Freundschaft, den Freiraum, dass jeder wachsen kann. Nicht nur der eine, sondern beide.

3. Lerne, dass Erfolg oder Misserfolg dich nicht definiert. Wie definieren wir überhaupt Erfolg? Was ist unser Maßstab für Erfolg oder Misserfolg? Es ist gut, sich darüber Gedanken zu machen, ob wir überhaupt ein gesundes Bild von Erfolg haben. Doch in einer Leitungsposition wird natürlich auch Erfolg und Mangel an Erfolg von anderen definiert. Damit umzugehen ist nicht immer einfach. Wenn scheinbar der eine erfolgreicher ist als der andere, kann es zu Konflikten kommen, weil man vergessen hat, dass man ja eigentlich „im gleichen Team“ spielt. Wir sollten in einer Beziehung den Erfolg des anderen von ganzem Herzen feiern können. Bei Misserfolgen sollten wir innerhalb der Beziehung die ersten sein, die den anderen ermutigen und uns gegenseitig wieder aufbauen. Das kann nur authentisch geschehen, wenn man nicht in Konkurrenz zueinander steht.

Es gäbe sicherlich noch viele Punkte, die ich aufführen könnte, aber vielleicht reichen erstmal diese drei. Ich glaube, sie können für dich und deinen Ehepartner, für dich und deine Freundin, eine Hilfe sein. Zusammengefasst ist es einfach wichtig, dass Gott definieren darf, wer du bist. Wenn die Partner jeweils ihre Identität in Gott finden, werden viele Herausforderungen überwindbar. Noch ein Life-Hack: Redet offen miteinander über diese Dinge. Wenn es Tränen gibt, ist das nicht schlimm, solange man nicht mit diesen Tränen versucht, den anderen zu manipulieren. Manchmal sind es tiefe Verletzungen, die viel weiter zurückliegen, die Triggerpunkte hervorrufen. Sie haben oft sogar eigentlich nichts mit dem Partner oder der Freundin zu tun.

Bringe diese Punkte zu Jesus und frage ihn, wie du damit umgehen sollst. Wisse, dass er dein Heiler ist, dass er selbst einen Scherbenhaufen wieder ganz machen kann.

Wenn du nicht weiterkommst und das Leiten Seite an Seite immer wieder zu Konflikten führt, suche Rat und Hilfe bei einem Seelsorgeteam. In einer Ehe am besten zusammen. Wir haben im Gospel Forum Ressourcen, die eine Hilfe sein können. Melde dich gerne bei uns, denn wir wünschen uns nichts mehr, als dass Menschen erfolgreich Seite an Seite das tun, wozu sie berufen sind!

Gott hat am Anfang der Zeit zu Adam und Eva gesagt: Seid fruchtbar und multipliziert euch! Ich glaube, dass wir Gott auf besondere Weise widerspiegeln, wenn es uns gelingt, gemeinsam, Seite an Seite, fruchtbar zu sein in Leiterschaft. Es ist manchmal schon ein Kampf, so zu leben, aber es soll kein Kampf sein, den man gegeneinander kämpft, sondern ein Kampf, wo man miteinander Siege erlebt. Selbst in großen Herausforderungen des Lebens hat Gott uns zu „mehr als Überwindern“ gerufen. Wie? Indem wir glauben und annehmen, dass er uns liebt und dass er für uns ist! „Aber durch den, der uns geliebt hat, ist uns in all dem ein überwältigender Sieg sicher.“ (Römer 8:37)

Kristin Reinhardt

Kristin Reinhardt ist Initiatorin und Leiterin von BECOME und mit ihrem Mann Tim, Teil des Core Teams im Gospel Forum. Sie möchte Teil davon sein, wenn eine große Schar von Mädels und Frauen aufsteht, um die frohe Botschaft auszurufen, gemäß Psalm 68:12. Eine ganze Armee von Frauen, die für etwas Größeres leben, als nur für sich selbst. Sie will sehen, dass Menschen im Wort Gottes gegründet sind und den Traum Gottes für ihr Leben entdecken.